Die Quelle der Kander liegt unter dem
Kanderfirn im Blüemlisalpgebiet auf gut 2100 Metern über Meer.
Bis zum Talboden des Gasterntals verliert sie rund 300
Höhenmeter. Dort passiert der Fluss die enge Schucht "Chluse"
und überwindet dabei einen Höhenunterschied von mehr als 150
Metern. Dann setzt sie ihren Weg fort nach Kandersteg und
Frutigen, wo sie viele Wildbäche, darunter auch die Engstlige
aufnimmt. Bei Wimmis kommt dann noch die gleich starke Simme
hinzu.
Der letzte, ca. 2 km lange Abschnitt entstand durch die Kanderkorrektion von 1714.
Die Kander floss ursprünglich durch die Thunerallmend und
mündete zwischen Thun und Uttigen in die Aare. In diesem
relativ ebenen Gebiet verursachte sie immer wieder
Überschwemmungen. Da sie nur wenige hundert Meter am Thunersee
vorbeifloss, fasste man schon früh eine Umleitung ins Auge. Der
See sollte das Geschiebe aufnehmen. Zu Beginn des 18.
Jahrhunderts beschäftigte sich der Ingenieur Samuel Bodmer mit
der Angelegenheit und erstellte Pläne, nach welchen ein
Einschnitt in den Strättlighügel, welcher Kander und See
trennte, hätte erstellt werden sollen.
Im Jahr 1712 begannen der Stollenbau und
die weiteren Arbeiten unter der Leitung des Berner
Münsterwerkmeisters Samuel Jenner. Nachdem zuerst von oben her
im Tagebau gegraben wurde, errichtete man später einen Stollen,
durch den das Gewässer bei Einigen direkt in den Thunersee
geleitet werden sollte. Ende des Jahres 1713 erfolgte der
Durchstich. Im Verlauf des Jahres 1714 grub sich der Fluss immer
tiefer in das lockere Moränengestein ein. Das führte dazu, dass
am 18. August 1714 der Stollen einstürzte und die Kanderschlucht
entstand. Der Projektverantwortliche Samuel Bodmer, Bäcker und
Geometer, hat später aus Thun flüchten müssen, nachdem
Hochwasser an der Kander immer wieder zu Überschwemmungen in der
Stadt führten.
Die Kanderkorrektion war die erste grössere
Gewässerkorrektion in der Schweiz. Fehlende Erfahrung führte in
der Folge zu grösseren Problemen. Durch die Kanderkorrektur
erhöhte sich der Zufluss in den Thunersee um 60 %, wofür die
Aare als Seeabfluss bis zum früheren Einfluss der Kander nicht
ausreichte. Thun und seine Umgebung wurden in den folgenden
Jahren regelmässig bis zum 1. Stock der Häuser überschwemmt. Die
Kanalisierung der Aare in Thun 1716 führte durch die
stärkere Strömung zu Ufererosionen und zum Einsturz einer
Brücke und mehrerer Häuser, verhinderte die Überschwemmungen
jedoch nicht. Das Bälliz in Thun - eine Insel - ist ebenfalls
eine Folge der Kanderkorrektion.
Ein neues Projekt ab 1720 umfasste eine Ausweitung des Aarebetts und den Bau von Regulierwerken.
Aber erst mit der Aarekorrektion zwischen Thun und
Bern von 1871 bis 1878 und durch den Bau eines
Entlastungsstollens im Jahr 2009 konnten die Probleme mit den
Überschwemmungen weitgehend behoben werden.
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